Gründerszene.de vom 19. Februar 2019: Abo-Modelle werden als Geschäftskonzept der Zukunft gefeiert. Doch auf dem Weg zu wiederkehrenden Zahlungen müssen Unternehmen einige Fallstricke meistern.
Wie die altbacken anmutende Abo-Idee Unternehmen in die Zukunft führt
Digitale Abo-Modelle befinden sich weltweit auf dem Siegeszug: Die sogenannte Subscription Economy ist die Antwort auf das neue Verbraucherverhalten, bei dem Kunden die kontinuierliche Nutzung von Services dem einmaligen Kauf eines Produktes vorziehe. Sie beschert Unternehmen neben mehr Einblick ins Kundenverhalten auch planbarere Umsatzströme. Während der Abo-Markt in den USA allein in den letzten fünf Jahren um 100 Prozent gewachsen ist, wagen sich deutsche Player bisher jedoch nur zaghaft auf dieses neue Terrain. Denn hinter den entscheidenden Prozessen, vor allem in der IT und Buchhaltung, steckt ein enormer Kraftaufwand.
Ingo Hentschel, Leiter Key Account & Vertrieb bei nexnet – ein Unternehmen, das sich auf Business-Process-Outsourcing (BPO) und Massentransaktionen spezialisiert hat – erklärt, warum so viel Potenzial in der Subscription Economy liegt und warum Abo-Modelle in quasi jeder Branche funktionieren. Er erzählt zudem, welche Hürden auf Unternehmen warten und wie sie diese meistern.
Ingo, die Subscription Economy wird als ein großes Trend-Geschäftsmodell gefeiert. Kannst du einmal im Detail erklären, was sich genau dahinter verbirgt?
„Der Hype hängt mit der Sehnsucht vieler Firmen zusammen, ihre Kunden in einem Dauerschuldverhältnis zu binden. Klingt böse, ist aber einfach das bekannte Abo-Prinzip. Für Unternehmen ergeben sich hier viele Vorteile. Neue Kunden zu überzeugen ist immer schwierig – Abos sind eine gute Lösung, da man die Kunden relativ einfach halten kann. Und es gibt immer ein paar ‚Kundenleichen’ im Pool, die zahlen, aber die Services nicht nutzen. Im B2C-Bereich kennt man dieses Modell bereits sehr gut, Stichwort Streaming-Portale. Jetzt kommt es sukzessive auch im B2B-Markt an.”
Warum sind Unternehmenskonzepte auf Abo-Basis branchenübergreifend so lukrativ?„Subscription Economy gilt vor allem als Game Changer, weil der Kreativität der Produkt-Manager keine Grenzen gesetzt sind. Es muss allerdings Intelligenz hinter dem Angebot stecken, sodass tatsächlich ein Mehrwert für den Kunden geschaffen wird. Streaming-Portale beispielsweise haben frühzeitig festgestellt, dass Kunden lieber eine monatliche Grundgebühr für ein umfangreiches Angebot an Filmen und Serien zu bezahlen, anstatt sich die jeweilige DVD zu kaufen. Dieses Prinzip funktioniert in so gut wie jeder Branche – daher kommt auch das enorme Potenzial, das Subscription Economy zugeschrieben wird.”
Kannst du dir erklären, warum deutsche Unternehmen in puncto Subscription Economy im Vergleich mit den USA noch immer so viel Aufholbedarf haben?
„Wie so häufig sind die Deutschen hier leider nicht die First Mover. Während die USA das Potenzial von Abos erkannt haben, und der Umsatz der Abo-Anbieter auf 2,6 Milliarden US-Dollar gestiegen ist, fokussieren wir uns noch immer zu sehr auf die Old Economy. Daher gilt in vielen Fällen das Credo: ,Ein funktionierendes Business ändert man nicht so einfach!’ Dabei bieten nur Subscription-Modelle die Flexibilität, die Unternehmen brauchen, um den neuen Ansprüchen ihrer Kunden gerecht zu werden. Einige traditionelle Wirtschaftszweige – zum Beispiel die Automobilbranche – haben allerdings ein wachsames Auge auf die neuen Möglichkeiten geworfen. Man denke nur an BMW und Mercedes, die mit ihren Carsharing-Diensten schon jetzt erfolgreich auf ein Geschäftsmodell auf Abo-Basis setzen.“
Der Weg zum funktionierenden Abo-Modell gilt als steinig. Was genau verlangen Subscription-basierte Geschäftsmodelle Unternehmen ab?
„Es stimmt – so einfach, wie abobasierte Geschäftsmodelle klingen mögen, sind sie nicht. Bei ihrer Gestaltung gibt es vieles zu beachten. Das Wichtigste ist: Es muss einen ganz offensichtlichen Mehrwert für die Kunden geben! Wenn ich mich als Nutzer in ein Dauerschuldverhältnis begebe, muss sich für mich ein klarer Vorteil ergeben. Das beste Beispiel ist hier die Entwicklung der Abo-Modelle von Software-Unternehmen: Früher hat man für viel Geld die Lizenz erworben und musste quasi damit leben, nicht immer die aktuellste Version zu haben. Heutzutage gibt es das Abo-Modell, bei dem man zwar monatliche Gebühren bezahlen muss, aber dafür immer up to date bleibt.
Damit sich dieses Geschäftsmodell auszahlt, muss auch im Hintergrund für reibungslose Abläufe gesorgt werden. Bei der IT gibt es sicherlich auch einige Stellschrauben, an denen gedreht werden muss, oder?
„Auf jeden Fall. Der IT-Aufwand ist extrem hoch. Er wird häufig unterschätzt und ist daher bei der Umsetzung abobasierter Geschäftsmodelle ein ‚Show-Stopper’. Die Modelle müssen prozessual komplett anders verfolgt werden und stellen ganz neue Anforderungen an das Customer Relationship Management. Auch debitorisch müssen die neuen Vorgänge ganz anders abgegrenzt werden. Auf all diese neuen Anforderungen sind die Finanzbuchhaltungen in vielen Fällen gar nicht vorbereitet.”
Stichwort Finanzen: Bei der Subscription Economy geht es auch um das Thema Subscription Billing. Wie sollten Unternehmen sich damit auseinandersetzen?
„Beim Billing geht es um viel mehr, als Rechnungen zu produzieren. Besonders wichtig ist dabei die Komponente Mediation, bei der verschiedene Leistungsdatenströme zusammengebracht werden müssen, beispielsweise von verbrauchsabhängigen Gütern auf der einen und zur Verfügung gestellte Hardware auf der anderen Seite. Außerdem sollte das Personal auch die unterschiedlichen Länderanforderungen beachten: ‚Wo rechne ich die Umsatzsteuer ab? Was muss auf der Rechnung an welche Stelle? Wie liefert man die Rechnung aus?’ Mit all diesen Fragen müssen sich die Finanzbuchhaltungen auseinandersetzen. Und das ist kein leichtes Unterfangen.“
Wie genau unterstützt nexnet Unternehmen bei ihrem Schritt in die Subscription Economy?
„Wir bieten modulare Lösungen an, die zu den jeweiligen Bedürfnissen passen. Dabei unterstützen wir in den Bereichen Stammdatenhaltung und CRM sowie bei der Bereitstellung von Bezahlmethoden. Denn wie der Kunde bezahlen will, ist ein wichtiger Faktor. Ein weiterer wichtiger Punkt: Da die eigene Buchhaltung häufig nicht auf die speziellen Anforderungen von Subscription Economy ausgelegt ist, bieten wir unseren Kunden synergetisch Debitorenmanagement inklusive Payment Clearing an, sodass der Kunde am Ende genau die Lösung bekommt, die individuell auf ihn zugeschnitten ist.”
Artikelbild: Eyeem