Auch nexnet unterstützt Praktika im Ausland
Eine Schneiderin geht nach Großbritannien, ein Tischler nach Frankreich, ein Kaufmann nach Irland. Was die Auszubildenden berichten. nexnet unterstützt Azubis bei der Weiterbildung zum Europakaufmann.
Berliner Morgenpost vom 03.06.2017 | Zum Originalartikel
Als Felicitas Hüther ihre Ausbildung zur Schneiderin machte, kam das Nähen von ausgefallener Abendgarderobe und Brautkleidern zu kurz. Den Mangel wollte sie in einem Auslandspraktikum wettmachen, am liebsten in der Modemetropole London.
Und tatsächlich konnte die internationale Mobilitätsberatung der Handwerkskammer Berlin ihren Wunsch erfüllen. Ein kleines Atelier im Londoner Stadtteil Hackney – früher heruntergekommen, heute ein hippes Viertel – signalisierte Interesse an der deutschen Auszubildenden, die damals im zweiten Lehrjahr war.
„Ich habe ein Motivationsschreiben und meinen Lebenslauf geschickt, natürlich auf Englisch, und bekam ziemlich schnell eine Zusage“, erzählt die heute 22-Jährige. Als Nächstes bewarb sie sich erfolgreich um ein Stipendium im Rahmen des Förderprogramms Erasmus+, das von der Europäischen Union angeboten wird. „Damit konnte ich die Kosten für Unterkunft und Flug abdecken.“
Allerdings sei das Geld erst kurz vor ihrem Praktikumsbeginn überwiesen worden. Unter Umständen, etwa wenn vorab Miete oder der Flug bezahlt werden muss, geht man also in Vorkasse. Mit einem halben Jahr Planungszeit solle man rechnen, sagt Felicitas Hüther.
Unterkunft bei Airbnb gefunden
In London angekommen fand sie sich schnell zurecht. „Ich hatte mir über Airbnb eine Unterkunft in der Nähe des Ateliers gesucht“, erzählt sie. Mit Navigation auf dem Smartphone sei die Orientierung in der ihr noch fremden Stadt kein Problem gewesen. Und mit ihrem Praktikumsbetrieb habe sie Glück gehabt: „Ich bin bei einer tollen Designerin gelandet, die gerade einen Auftrag für Brautkleider erhalten hatte.“ Von Anfang an war Hüther in jeden Schritt des Fertigungsprozesses eingebunden.
Dass sie noch keine Erfahrung mit Brautkleidern vorweisen konnte, war kein Problem. „Es hieß einfach: Mach mal. Und schon war ich dabei, ein Brautkleid zuzuschneiden“, erzählt Felicitas Hüther. Sie ist noch heute begeistert von den Möglichkeiten, die sich ihr in London boten. Sie lernte den Umgang mit Chiffon und Satin und durfte sich aussuchen, was sie als Praktikumsprojekt umsetzen wollte: eine Korsage. „Dazu wurde extra Stoff für mich bestellt. Immer wenn Luft war, konnte ich daran arbeiten – und das fertige Stück mit nach Hause nehmen.“
Erste Auszubildende ihres Betriebs im Ausland
Felicitas Hüther war die erste Auszubildende in ihrem Betrieb, die für ein dreiwöchiges Praktikum ins Ausland ging. War es schwierig, die Idee durchzusetzen? „Gar nicht, meine Chefin war total aufgeschlossen.“
Die Chefin ist Gabriele Klein, Maßschneiderin, diplomierte Modedesignerin und seit 2001 in Berlin mit ihrem Atelier gmklein selbstständig. „Ich finde, wenn sich jemand so engagiert und den Mut aufbringt, in ein fremdes Land in einen fremden Betrieb zu gehen, dann muss man dazu einfach Ja sagen“, sagt die 53-Jährige. Inzwischen haben zwei weitere Azubis von ihr das Okay für ein Auslandspraktikum erhalten.
Joachim Soltmann, selbstständiger Konditormeister in dritter Generation und Obermeister der Konditoren-Innung in Berlin, hat sogar schon 15 Azubis ins Ausland entsendet. Dass die Auszubildenden während des Praktikums im Betrieb fehlen, stört den Besitzer der LebensArt-Cafés nicht. „Ich bekomme ja sozusagen bessere Auszubildende zurück.“
Die Einstellung zum Beruf verändere sich, der Azubi betrachte seinen Beruf mit mehr Ernsthaftigkeit und auch mit mehr Haltung, da er seinen Berufsstand im Ausland vertrete, manchmal gar verteidige. „Sie sehen die Unterschiede und kommen oft mit dem Denken zurück, hey, eigentlich gar nicht so schlecht bei uns“, sagt der 58-Jährige und lacht.
Verständigung ist kein Problem für Handwerker
Im Herbst stehen für die nächsten Azubis der Cafés LebensArt Praktika an. „Die angehenden Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk mit Schwerpunkt Konditorei gehen ins deutschsprachige Ausland, um Sprachbarrieren zu entgehen“, erklärt Soltmann. „Die Konditorazubis nach Frankreich.“ Im produzierenden Handwerk sei die Fremdsprache kein Problem. „Da schauen die Azubis zu und machen nach, was sie sehen.“ Im Verkauf ist das anders: Dort sei aktive Kommunikation gefragt.
Auszubildende der Firma RestaurierungsWerkstätten Berlin haben während ihres Auslandspraktikums gar einen Dolmetscher an ihrer Seite. Schreinermeister Matthias Vondung kooperiert für den Auslandsaustausch mit dem Deutsch-Französischen Jugendwerk (DFJW). Seine Azubis gehen für drei Wochen nach Château Chinon im Burgund, umgekehrt erhalten französische Auszubildende von dort bei ihm einen Einblick ins deutsche Tischlerhandwerk.
Austausch mit französischen Azubis
„In Château Chinon lernen die Azubis spezielle Techniken wie Schnitzen, Drechseln oder Intarsienarbeiten, die in dieser Form in unserer Ausbildung nicht vorkommen“, erklärt Vondung, der zudem Restaurator und promovierter Kunsthistoriker ist. Die jüngste Gruppe französischer Auszubildender wiederum hätte an der Restaurierung der sogenannten Grimm-Schränke aus dem 18. Jahrhundert in der Staatsbibliothek mitgearbeitet. „Bei solch anspruchsvollen Projekten ist ein Dolmetscher einfach sinnvoll.“
Linus Thomaschki, Tischlerazubi bei den RestaurierungsWerkstätten im dritten Jahr, lockte gerade die sprachliche Herausforderung. „Ich will die Welt sehen. Und das Praktikum war eine gute Möglichkeit, um auszuprobieren, wie ich auch ohne große Sprachkenntnisse klarkomme“, erzählt der 21-Jährige.
Er kam gut klar. Wenn der Dolmetscher gerade nicht greifbar war, habe man sich „mit Händen, Füßen und allem was greifbar war“ verständigt. Das habe sein Selbstbewusstsein gestärkt und ihn in seinen Plänen bestätigt. „Nach meiner Ausbildung will ich für zwei oder drei Jahre auf die Walz gehen.“
Englisch verbessert, Erfahrung gewonnen
Auch Denis Stephan hatte kaum Verständigungsprobleme. Der angehende Kaufmann für Büromanagement ist Ende April von einem vierwöchigen Praktikum in Dublin zurückgekehrt. „Mein Englisch ist jetzt deutlich besser“, erzählt der 29-Jährige. Am Anfang habe er sich noch viele Gedanken über die korrekte Grammatik gemacht, dann aber schnell gemerkt: „Es geht darum, sich zu verständigen, nicht um perfektes Englisch.“
Stephan ist im zweiten Ausbildungsjahr bei dem Berliner Abrechnungsdienstleister nexnet. Das Auslandspraktikum war Teil einer Zusatzqualifikation zum Europakaufmann, die von seiner Berufsschule, dem Oberstufenzentrum (OSZ) Bürowirtschaft 1, organisiert wird.
Internationales Marketing für Europakaufleute
In der Zusatzqualifikation gehe es unter anderem um internationales Marketing, SAP-Kenntnisse und Business Englisch, erzählt er. „Das ist eine gute Ergänzung zu meiner Ausbildung, weil nexnet aktuell das internationale Geschäft ausbaut.“ Und so kommen seine Praktikumserfahrungen seinem Arbeitgeber gerade recht.
Denis Stephan war als Gast-Azubi in Dublin (Foto: Michael Kelmer)
Für die Organisation und Finanzierung des Auslandspraktikums standen Denis Stephan zwei Wege offen. Eine Option war die als sogenannter Freemover. Als solcher organisiert der Auszubildende den Auslandsaufenthalt weitgehend selbst im Rahmen eines ihm vorgegebenen Budgets. „Die Finanzierung erfolgt durch Erasmusmittel, die wir als Schule für das Projekt bewilligt bekommen haben“, erläutert Kristina Gaude-Quandt vom OSZ Bürowirtschaft.
„Rundum-sorglos-Paket“ fürs Ausland
Die Schule ist gerade dabei, eine eigene Unternehmensdatenbank aufzubauen und unterstützt die Freemover nach Möglichkeit bei der Suche nach passenden Betrieben. Die zweite Option nennt Gaude-Quandt das „Rundum-sorglos-Paket“ im Rahmen des Mobilitätsprojekts GoEurope!. Von der Vermittlung des Praktikumsbetriebs über Unterkunft mit Halbpension bis hin zu Transport und Versicherungspaket ist hier alles geregelt. Denis Stephan entschied sich für die zweite Option, vor allem, um Zeit zu sparen. Sein Ausbildungsunternehmen übernahm einen Großteil der Kosten.
Hat sich das Praktikum gelohnt? „Auf jeden Fall“, sagt Stephan. „Besonders interessant war der Einblick in die Prozesse und Strukturen eines irischen Unternehmens.“ Sein Praktikumsunternehmen, The School Tour Company, organisiert Gruppenreisen für Schüler und ist gut im Geschäft, erzählt er.
„Ich hab vor allem gelernt, strukturiert an die Arbeit heranzugehen. Dank der guten Auftragslage gab es gefühlt ständig fünf Aufgaben, die im Grunde schon gestern hätten erledigt sein müssen.“ Die Arbeitsatmosphäre hat er dabei auch in stressigen Zeiten als offen und locker empfunden. „Da wurde einfach zwischendurch mal Dampf abgelassen, und danach war alles schnell wieder okay.“ Auch den schwarzen Humor der Iren habe er schätzen gelernt. „Ich mag diese Art zu denken und den Alltag zu bewältigen“, sagt er. „Wahrscheinlich wäre ich ein richtig guter Ire geworden.“
Ausbildung bei nexnet
Wer nexnet als Ausbildungsbetrieb kennenlernen möchte, hat hierzu die Gelegenheit auf der Vocatium in der Arena Berlin am 14. und 15. Juni 2017. Mehr Informationen zum Thema Ausbildung bei nexnet gibt es hier.